Baum des Jahres
Lokale Agenda 21 und Stadt Neukirchen-Vluyn pflanzen gemeinsam
Kein Zweifel: Bäume sind nicht nur schön, sondern auch lebenswichtig. An Straßen und auf Plätzen, in Grün- und Parkanlagen, in Hausgärten und Höfen prägen sie das Erscheinungsbild unserer Stadt. Sie schaffen Situationen, in denen wir uns gerne aufhalten. Darüber hinaus lassen sie uns mitten im Siedlungsraum ein Stück Natur erleben. Sie verändern sich mit den Jahreszeiten und locken Vögel vor die Fenster. Im Sommer genießen wir ihren Schatten. Ihre Blätter filtern Staub aus der Luft, und durch ihre Sauerstoffproduktion und Verdunstung verbessern sie das Stadtklima. Somit tragen Bäume wesentlich dazu bei, dass wir uns in der Stadt wohlfühlen. Außerdem binden Bäume Kohlendioxid (CO2) und leisten damit einen Beitrag zum Klimaschutz.
Weil Bäume einen solch hohen Stellenwert für die Stadt haben, ist bei den Akteuren der Lokalen Agenda 21 Neukirchen-Vluyn vor etlichen Jahren die Idee geboren worden, durch eine jährliche Pflanzaktion für Bäume in der Stadt zu werben. In der Abteilung Planung öffentliches Grün des Tiefbau- und Grünflächenamtes und beim Baubetriebshof waren für die Lokale Agenda 21 schnell Verbündete gefunden.
Das Kuratorium „Baum des Jahres“ kürt alljährlich eine Baumart, um seltene oder in Vergessenheit geratene Bäume in der Bevölkerung wieder bekannter zu machen. Auch die ökologische Bedeutung oder der Symbolcharakter für einen gefährdeten Lebensraum können entscheidende Auswahlgründe sein. Grundsätzlich kann jede Baumart "Baum des Jahres" werden.
Seit 2009 wird deshalb in Neukirchen-Vluyn der jeweilige Baum des Jahres gepflanzt. Durch Geldspenden während der jährlichen Pflanzentauschbörse auf dem Bauernmarkt im Dorf Neukirchen wird der Kauf der Bäume erst möglich. Engagiert haben diese Aktion in den letzten Jahren sowohl der Gartenbauverein Neukirchen als auch der „Kleingärtnerverein „Unsere Scholle“ begleitet. Allen Unterstützerinnen und Unterstützern, Spenderinnen und Spendern ein herzliches Dankeschön.
2009: Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus)
Der Berg-Ahorn ist überall in Deutschland zu Hause. Er gehört in die Familie der Ahorngewächse (Aceraceae). Die Kür zum Baum des Jahres verdeutlicht, dass dieser "Allerwelts"-Baum dennoch einen besonderen Wert hat. 500 Jahre kann ein Berg-Ahorn alt werden und zu einem wahren Riesen heranwachsen, wenn man ihm genügend Raum gibt. Ein wunderschön gewachsenes Exemplar ist beispielsweise im Hamburger Hirschpark zu bewundern. Dieser Baum ist 200 bis 230 Jahre alt, so schätzen die Experten. Im Jahr 2000 wurde ein Stammumfang von 5,36 m gemessen, und die Krone überspannte an der breitesten Stelle 36 m.
Bis der Neukirchen-Vluyner Berg-Ahorn zu einem solch stattlichen Baum herangewachsen ist, wird es noch viele Generationen dauern. Ein geeigneter Standplatz wurde ausgewählt. Vielleicht gibt es in Neukirchen-Vluyn aber schon heute ein prächtiges Exemplar, welches man an dieser Stelle auch beschreiben könnte.
Alte Alleen im Mittelgebirge und in Norddeutschland weisen darauf hin, dass der Berg-Ahorn als Alleebaum gut geeignet ist. Dabei ist sein rascher Wuchs sicher von Vorteil, allerdings darf das Klima nicht zu trocken sein. Trockenstress im Zuge des Klimawandels könnte deshalb dazu führen, dass die Verbreitung des Berg-Ahorns abnimmt. Ihren Namen Berg-Ahorn hat die Baumart bekommen, weil sie wie nur wenige andere Laubbäume auch in Höhenlagen zwischen 1.500 und 2.000 m wächst.
Die Ahornblüte im Mai - das erste Mal übrigens erst nach dreißig Jahren - erweist sich als hervorragende Bienenweide. Nur wer genau hinschaut, kann die Blütenrispen mit kleinen, unscheinbaren gelblich-grünen Einzelblüten erkennen, die gleichzeitig mit dem Laub austreiben. Die Blätter sind 5-lappig und färben sich im Herbst leuchtend gelb.
Bis zum Herbst sind zudem die unzähligen Früchte herangewachsen. Wer kennt diese Früchte des Berg-Ahorns nicht? Man nennt sie Flügelnüsschen, weil die Fruchthülle wie ein langer Flügel aussieht. Diese Hülle lässt sich ganz leicht öffnen und weil sie etwas klebrig ist, kann man sie prima auf die Nase kleben; ein herrliches Kinderspiel!
Der Berg-Ahorn bietet nicht nur den Bienen Lebensraum, sondern auch vielen Vogelarten; Nagetieren und Insekten. Bei den Schmetterlingen Ahorn-Eule und Ahorn-Spinner weist schon der Name auf ihr Zuhause. Vögel und Mäuse ritzen manchmal die Baumrinde an, um sich an dem zuckrigen Saft zu laben, denn auch der Frühjahrssaft des Berg-Ahorns ist zuckerhaltig, wenngleich auch nicht so ergiebig wie der allseits bekannte nordamerikanische Zucker-Ahorn. Dieser ist die Quelle für den so beliebten Ahornsirup. Während des ersten Weltkrieges wurde der süße Saft des Berg-Ahorn auch für den Menschen wichtig, denn so konnte man dem Mangel an Rübenzucker zumindest teilweise abhelfen. Bis zu 50 l zuckriger Saft konnte geerntet und dann zu Sirup eingedickt werden.
Der Berg-Ahorn gehört zu den wenigen Edelholzbäumen, die es in Mitteleuropa gibt. Das Holz hat eine sehr helle, nahezu weiße Färbung und ist auch deshalb als Möbelholz begehrt. Für die Instrumentenbauer gilt der Berg-Ahorn als unübertroffenes Klangholz. So wird von Geigenbauern behauptet, dass es ohne den Berg-Ahorn den Geigenklang, so wie wir ihn kennen, gar nicht gäbe.
Eine ganz besondere Geschichte erzählt man sich aus dem Griechenland zur Zeit des Odysseus: Das berühmte Trojanische Pferd soll aus Ahornholz gezimmert worden sein.
2010: Vogel-Kirsche (Prunus avium)
Wer kennt sie nicht: die schneeweiß blühende Vogel-Kirsche, über und über blühend im April, im Sommer begehrter Fruchtlieferant, im Herbst ein Feuerwerk aus sich orange bis rot färbenden Blättern.
Die wilde Vogel-Kirsche gehört zur Familie der Rosengewächse. Mittelgroß (20-25 m Höhe, 5-8 m Breite) und laubabwerfend prägt dieser Baum unsere Landschaft und ist außerdem von besonderer ökologischer Bedeutung (Vogelnähr- und Nistgehölz). In der Regel findet man die Vogel-Kirsche, auch Süßkirsche genannt, im Wald und am Waldrand. Freistehend kann ein erwachsener Baum bis zu einer Million Blüten treiben: eine wichtige "Bienenweide"!
Als Mutter aller Süßkirsch-Sorten im Obstbau gehört sie wie der Pfirsich, die Pflaume oder auch Aprikose zu den Steinfruchtartigen. Für die Vögel stellt das Fruchtfleisch der Vogelkirsche eine willkommene süße Nahrung dar. Über die Verdauung der Vögel wird die ungenießbare und schwer knackbare Steinfrucht ausgeschieden, die in ihnen enthaltenen Steinkerne keimen im Boden. Der volkstümliche Name der wilden Kirsche, Vogel-Kirsche, rührt aus dieser Verdauungsausbreitung her.
Im Gegensatz zu den für den Obstbau gezüchteten Arten hat die Vogel-Kirsche einen im Vergleich zum Fruchtfleisch sehr großen Steinkern. Dieser eignet sich, in Leinensäckchen oder Kissen gefüllt und warm gemacht (Mikrowelle oder Herd), als guter Wärmeflaschenersatz. Ihr Holz hat einen rötlichen Farbton und wird, wenn der Stamm nicht faul ist, gerne von der Möbelindustrie genutzt. Anfang Dezember, am Barbaratag (04.12.), geschnitten blühen die Zweige der Kirsche (mit etwas Glück) zu Weihnachten und erfreuen die Herzen.
Mit über weiteren 100 Arten gehört die Vogel-Kirsche zu einer vielgestaltigen und artenreichen Familie. Sie sind in ihren Kulturformen Obstlieferant für den Menschen und als Wildform Nahrungslieferant und Biotop für die Tierwelt. In ihren Zierformen übernehmen sie ästhetische Aufgaben im privaten und öffentlichen Grün. Die Zierform Prunus avium 'Plena', gefüllt blühend und nur wenig fruchtend, wurde als Allee im Landschaftsband der Zeche Niederberg gepflanzt und wird insbesondere im Frühjahr durch ihre im Verhältnis zur Wildart längere Blütezeit und ihre ausgezeichnete Herbstfärbung das Bild der großen Nord-Südachse prägen.
Der Neukirchen-Vluyner Baum des Jahres 2010 steht hier.
2011: Elsbeere (Sorbus torminalis)
Mit der Elsbeere ist eine Baumart als Baum des Jahres gekürt worden, die viele Menschen bisher nicht kennen. Dazu trägt sicher ihr bei uns seltenes Vorkommen und ihr verwirrendes Äußere bei. Eine der Wild-Birne oder der Rot-Erle ähnelnde, rissige und dunkelbraune Rinde, weiße Blüten im Mai wie bei vielen anderen Gehölzen auch und Blätter, die an Ahornblätter erinnern, erschweren die eindeutige Zuordnung. Im Herbst aber tanzt der in der Regel als Waldbaum gepflanzte Laubbaum sozusagen aus der Reihe. Es ist die frühzeitige und scharlachrote Laubfärbung, die den Baum aus seinem Versteck holt. Ein besonderer Genuss, die dann fünfteilige, nicht gleichförmige Lappung der Blätter zu betrachten.
Die Elsbeere, auch "Schöne Else" genannt, liebt trocken-warme Standorte. Damit ist sie gegenüber möglichen Klimawandelkonsequenzen eindeutig im Vorteil im Hinblick auf ihre Toleranz gegenüber Trockenstress. Anfangs rasch wachsend kann sie als mittelgroßer Baum 10 bis 20 m hoch werden. Als Jungpflanze verträgt sie viel Schatten, in späteren Jahren ist sie auf Licht angewiesen. Einzeln stehend kann sie eine weit ausladende, tief angesetzte Krone entwickeln.
Zur Familie der Rosengewächse gehörend verwöhnt uns die Elsbeere mit ihrer rot-braunen, essbaren Frucht, die einen hohen Vitamin-C-Anteil hat und bei Beschwerden im Magen-Darmbereich hilft. Sie liefert aber auch das teuerste einheimische Holz. Dieses findet Verwendung im Innenausbau und anspruchsvollen Möbelbau. Auch die Musikindustrie bevorzugt für Flöten und bestimmte Teile im Klavierbau das Elsbeerholz. Dieses zeichnet sich durch besondere klangliche und technische Eigenschaften aus. Vor diesem Hintergrund bemühen sich die Waldbesitzer um die Förderung der selten gewordenen Baumart, die sich kaum über Samen (Mäusefutter) fortpflanzt, sondern über Wurzelausschlag ausbreitet.
Rund 50 km westlich von Wien wurden vor rund 200 Jahren Hunderte von Solitärbäumen gepflanzt. Die Ernte der Elsbeere zur Verwendung als köstlicher Edelbrand war Ziel der Aktion. Noch heute gibt es die eindrucksvolle und einmalige Elsbeeren-Landschaft mit ihren frei stehenden Bäumen und noch heute zählt der Elsbeerbrand zu den teuersten Edelbränden. Nur 10 Brennereien in Europa produzieren diesen kontinuierlich.
Bis zur Ernte der ersten Elsbeeren vom Neukirchen-Vluyner Baum des Jahres 2011 werden noch etliche Jahre vergehen; so ist die erste Blüte frühestens nach ca. 20 bis 25 Jahren zu erwarten. Ihr frühes Farbenspiel von rot über orange bis ins leuchtende Gelb wird uns jedoch schon viel früher erfreuen.
2012: Europäische Lärche (Larix decidua)
Lärchen sind einzigartig! Denn als einzige mitteleuropäische Nadelbaumart werfen sie ihre Nadeln im Herbst ab. Nicht jedoch ohne zuvor eine spektakuläre Herbstfärbung zu zeigen: der Begriff "goldener Herbst" erklärt sich von allein, wenn man einmal eine Lärche im Herbstgewand gesehen hat.
Attraktiv ist die Lärche in vielerlei Hinsicht. Der zartgrüne Austrieb der Nadeln im zeitigen Frühjahr erfreut nach dem langen Winter. Da allerdings fällt vielleicht die Borke besonders auf, die bei älteren Bäumen eindrucksvolle Plattenstrukturen zeigt. Lärchenholz ist harzreich, schwer und elastisch. Es gilt als härtestes und dauerhaftestes Holz unserer Nadelbäume und kann sehr gut im Außenbereich eingesetzt werden, z. B. für Hausfassaden – nie mehr streichen müssen. Im Innenbereich bieten sich ebenso viele Verwendungsmöglichkeiten, von Dielen und Parkett über Treppen und Türen bis zu Möbeln. Holz für solch langlebige Bauteile oder Gegenstände zu verwenden, ist nachhaltig, denn für jeden gefällten Baum kann ein neuer gepflanzt werden und in überschaubarer Zeit nachwachsen!
Aus dem Harz lässt sich Terpentin gewinnen, das, zu Öl weiterverarbeitet, seit langer Zeit Grundlage für Heilsalben ist. Schon die Römer sollen die Heilwirkung bei Wunden, Rheuma und Erkältungskrankheiten geschätzt haben. Häufiger ist mittlerweile der Einsatz in Lacken und Klebemitteln.
Lärchen erreichen im Allgemeinen ein Alter von 200 bis 400 Jahren. Es gibt aber richtig alte Exemplare nahe Sion im Schweizer Wallis, auf etwa 2000 m Höhe. Von den rund 250 Bäumen sollen einzelne über 1200 Jahre alt sein. Und nicht wenige haben einen Stammdurchmesser von über drei Metern.
Bis der Neukirchen-Vluyner Baum des Jahres 2012 so beeindruckend ist, werden allerdings noch ein paar Jährchen vergehen.
2013: Wild-Apfel (Malus sylvestris)
Eine fast vergessene Wildobstbaumart, der Wild-Apfel, auch Holz-Apfel genannt, wurde als Baum des Jahres ausgeguckt.
Er gehört zu den seltensten Baumarten, die am Waldrand, weniger im Wald, zu finden sind. In Nordrhein-Westfalen ist er häufiger im Süderbergland oder in der Eifel anzutreffen.
Erkennen kann man ihn u.a. am besten während der Blütezeit. Da viele Äste nur alle 2 Jahre blühen, wird während der Blütezeit nicht die große, weiße Wolke ausgebildet, sondern blühende und nicht blühende Zweige ergeben ein auffälliges Wechselspiel und machen dadurch auf sich aufmerksam.
Im Gegensatz zu den Kulturformen hat der Holz-Apfel mehr oder minder verdornende Kurztriebe. Überwiegend entwickelt er sich als Großstrauch mit dichter Krone, kann jedoch auch bis 10 m hoch werden. Der Wild-Apfel gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) und wirft im Herbst sein Laub ab.
Seinen Namen hat er von seinen leicht wachsbereiften, holzigen Äpfeln erhalten. Diese sind etwa tischtennisballgroß, gelbgrün und schmecken herb-sauer. Nach den ersten Frostnächten sind sie nicht nur genießbar, sondern, gedörrt oder gekocht, schmackhaft und sehr aromatisch. Auf Grund seines hohen Pektingehaltes wird der Holz-Apfel gerne auch bei der Marmeladenherstellung anderen Früchten als Eindickungsmittel zugegeben.
Kaum eine heimische Frucht kann sich mit der Symbolkraft des Apfels messen. So steht z. B. der Reichsapfel als Symbol für Macht bei den Herrschern oder der Paradiesapfel als Symbol für Versuchung und Erbsünde bei den Christen.
Wie auch die Kultursorten wird der Holzapfelbaum schnell hohl und ist für einen Künstler von besonderem Interesse - insbesondere dann, wenn er zusätzlich auch noch einen gedrehten Stamm ausgebildet hat. Und dies ist bei Apfelbäumen nicht unüblich. So manche eindrucksvolle Gestalt wurde schon aus diesen „Naturskulpturen“ herausgearbeitet.
Gepflanzt als Neukirchen-Vluyner Baum des Jahres 2013 wurde der Holz-Apfel wie bei seinen vielen Vorfahren üblich auf eine Streu-Obstwiese gesetzt. Damals mit dem Hintergedanken der leichten Ernte, heute mit dem Hintergedanken ihn aus dem Vergessen herauszuholen. Vor diesem Hintergrund wurde sein Standort so gewählt, dass er vom öffentlichen Straßenraum aus erlebbar ist und sich präsentieren kann.
2014: Trauben-Eiche (Quercus petraea)
Eichen gelten seit jeher als Symbol für Beständigkeit. Darstellungen von Eichen, ihrem Laub oder den Früchten finden sich häufig auf Wappen oder Urkunden. Und sie begleiten uns quasi täglich, denn auf den "kleinen" Cent-Stücken aus deutscher Prägung sind Blätter und Eicheln abgebildet. Wer mag, kann mal auf einer Ein-, Zwei- oder Fünf-Cent-Münze nachschauen.
Trauben-Eichen können sich zu imposanten Gestalten entwickeln und bis zu 40 m hoch werden. Die größte Trauben-Eiche Deutschlands steht wohl in Berlin-Zehlendorf (mit einem Stammumfang von 5,70 m am Schloss auf der Pfaueninsel), während die größten Exemplare Europas in England wachsen. Beeindruckend ist auch das Alter, das Eichen erreichen können: Eichen kommen 300 Jahre, stehen 300 Jahre und vergehen 300 Jahre, weiß der Volksmund zu berichten, und tatsächlich wird eine Lebensspanne von 400 bis 800 Jahren und darüber angegeben.
Für die Tierwelt sind Eichen offensichtlich ein willkommener Lebensraum, denn es sollen allein 500 Insektenarten sein, die auf und von der Eiche leben. Und von den Insekten wiederum ernähren sich viele Vögel. Ein Vogel hilft sogar dabei, dass sich die Bäume verbreiten können: der Eichelhäher frisst die Eicheln und versteckt viele davon als Wintervorrat. Und weil er nicht alle wiederfindet, können im nächsten Jahr junge Eichen sprießen.
Neben der Trauben-Eiche kommt bei uns häufig auch die Stiel-Eiche (Quercus robur) vor. Beide Arten auseinanderzuhalten ist nicht einfach. Eine Hilfestellung findet sich auf www.baum-des-jahres.de (hier die Trauben-Eiche suchen). Die deutschen Namen der Eichen beziehen sich auf die Früchte, die bei der Stiel-Eiche über 2 cm lang gestielt und am Stiel verteilt sind, während sie bei der Trauben-Eiche fast ungestielt sind und dicht zusammengedrängt stehen, wie bei einer Traube eben. Die Blätter der Eichen helfen übrigens nicht weiter, denn hier hat das Trauben-Eichenlaub einen Stiel …
Die imposanteste Eiche Neukirchen-Vluyns wächst an der Ecke Niederrheinallee / Andreas-Bräm-Straße. Als "Friedenseiche" wurde sie zum Ende des deutsch-französischen Kriegs 1871 gepflanzt. Das Pendant in Vluyn steht leider nicht mehr. Allerdings wurde an der Niederrheinallee, am Ortsausgang Richtung Rheurdt, ein neuer Baum gepflanzt.
Der Neukirchen-Vluyner Baum des Jahres 2014 steht hier.
2015: Feld-Ahorn (Acer campestre)
Der "kleine Bruder" des Spitz- und Bergahorns, volkstümlich auch Maßholder oder Klein-Rüster genannt, ist in 2015 zum Baum des Jahres aufgestiegen. Er gehört zur Gattung Acer, die mit 124 Arten sehr formenreich ist.
Im Unterschied zu seinen "großen Brüdern" wächst er langsamer, bleibt kleiner und zeigt in der Regel einen knorrigen, mehrstämmigen, oft auch strauchförmigen Habitus. Wie Spitz-Ahorn und Berg-Ahorn kann er bis zu 200 Jahre alt werden. Man kann ihn in der Landschaft auch "im nackten Zustand", also blattlos, gut erkennen:
an älteren Seitentrieben werden Korkleisten ausgebildet und mit dem Alter wird die Rinde am Stamm eine Schuppenborke. Sie geben ihm neben der gedrungenen Erscheinung sein unverwechselbares Aussehen. Im Herbst punktet er darüber hinaus mit einer intensiven goldgelben Herbstfärbung seiner kleinen, 3- bis 5-fach gelappten Blätter.
Ursprünglich in Nieder- und Mittelwäldern anzutreffen trifft man den Feld-Ahorn heute nur noch im Wald an Rändern an. Daneben fühlt er sich pudelwohl in Gebüschen und freiwachsenden Hecken außerhalb des Waldes. Ebenso wird er gerne verwendet als Schnitt-Heckenpflanze. Seine gute Schnittverträglichkeit und das kleinblättrige Laub prädestinieren ihn dafür.
In der letzten Zeit fällt ein besonderes Augenmerk auf den Feld-Ahorn in seiner gärtnerisch gezogenen Form als Straßenbaum. Als Baumart der Steppengehölze und Trockenwälder bringt er für die Verwendung als Straßenbaum besonders geschätzte Eigenschaften mit: zum einen erträgt er u. a. Hitze und intensive Sonneneinstrahlung und ist besonders trockenheitstolerant, zum anderen bleibt er als Baum relativ klein (15-20 m). Vor diesem Hintergrund hat er Eingang in die Straßenbaum-Liste der Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) und Liste der Klima-Arten-Matrix gefunden. Hier werden Baumarten empfohlen, die sich mit dem Focus auf den eingesetzten Klimawandel und der heutigen Ausprägung der städtischen Landschaft zum derzeitigen Erkenntnisstand nachhaltig entwickeln können.
Der Neukirchen-Vluyner Baum des Jahres 2015 steht hier.
2016: Winter-Linde (Tilia cordata)
Wem an einem lauen Frühsommerabend ein süßer Duft in die Nase steigt, der steht vielleicht unter einer blühenden Winter-Linde, die mit ihren Geschwistern, der Sommer-Linde (Baum des Jahres 1991) und der Silber-Linde, unsere Dörfer und Städte prägt wie kaum ein anderer Baum. Bis zu 60.000 Einzelblüten können in einem ausgewachsenen Baum vielen Insekten als Nahrung dienen. Sie sind wichtige Nektarquelle für Bienen und liefern die Grundlage für den milden Lindenhonig. Auch in der Heilkunde werden Lindenblüten geschätzt, sei es schweißtreibend bei Erkältung, krampflösend oder magenstärkend. Aus den Blüten entwickeln sich schließlich etwa erbsengroße, glatte Früchte (Nüßchen), die sich bei der Winter-Linde mit den Fingern zerdrücken lassen. Bei den dickschaligen Früchten der Sommer-Linde geht das nicht.
Auch an den Blättern lassen sich Unterschiede ausmachen: die der Winter-Linde sind oberseits kahl und zeigen auf der Blattunterseite braune Härchen (sogenannte Achselbärte), wohingegen Sommer-Lindenblätter oben behaart und ihre Achselbärte weiß sind; die Unterseiten der Silber-Linden wiederum sind komplett mit einem weißen Haarfilz überzogen. Allen Linden gemein ist der deutlich herzförmige Blattumriß. Und auch die Baumkronen zeigen oft eine herzförmige Gestalt. Deshalb gelten Linden auch als Baum der Liebe und der Liebenden. So reimte Heinrich Heine in "Neuer Frühling"
Sieh dies Lindenblatt! du wirst es
Wie ein Herz gestaltet finden;
Darum sitzen die Verliebten
Auch am liebsten unter Linden.
Als Treffpunkt galt auch die Linde neben dem Dorfbrunnen, ein prächtiger Schattenspender an heißen Sommertagen und auch bei Regen ein passabler Schutz. Oder die Tanzlinden, teilweise mit einer in den Baum gebauten Plattform als Tanzboden, von denen heute noch einige besucht werden können, schwerpunktmäßig in den fränkischen Regionen Oberfranken, Südthüringen und Osthessen, aber auch in Westfalen. Unter Linden wurde auch Gericht gehalten, und neben so mancher Kirche oder Kapelle finden sich ebenfalls Linden, denn sie gelten als heiliger Baum der Mutter Gottes. Viele Marienstatuen und Altäre sind aus Lindenholz, da sich das lignum sanctum (Heiligenholz) hervorragend zum Schnitzen eignet, wie auch als Möbelholz, für Musikinstrumente oder Bilderrahmen.
Es gibt aber auch Unrühmliches von der Linde zu berichten: In der Siegfried-Sage ist ein Lindenblatt dafür verantwortlich, daß das Bad im Blut des getöteten Drachen den Helden doch nicht vollständig unverwundbar machte. Der Ausgang dieser Geschichte ist wohl bekannt …
Der Beliebtheit der Linde tat das keinen Abbruch, wie auch viele Namensgebungen bekunden. In Deutschland gehen etwa 850 Ortsnamen auf die Linde zurück. Prominentestes Beispiel ist vielleicht die Stadt Leipzig, abgeleitet vom sorbischen Wort lipsk, was Linden-Ort bedeutet. Auch viele Gaststätten führen die Linde im Namen (Lindenhof, Gasthaus zur Linde) und bei den Straßennamen ist die Linde die häufigste Baumart: über 2.600 Mal gibt es die Lindenstraße oder "Unter den Linden", davon einmal auch in Neukirchen-Vluyn. Und wie heißt eine sehr bekannte deutsche Fernsehserie?
Linden wurden als Friedensbäume nach Kriegen gepflanzt, z. B. nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71). Sie können 1.000 Jahre alt werden und sind ein Zeichen von Beständigkeit. Als Schutzbaum neben dem Haus sollten sie vor Blitzschlag und bösen Geistern bewahren. Und anläßlich einer Geburt gepflanzt soll eine Linde Glück bringen. Diesem schönen Brauch folgend pflanzte die Lokale Agenda im April 2016 eine Winter-Linde.
2017: Gemeine Fichte (Picea abies)
Wohl kaum eine heimische Baumart ist derart umstritten wie die Gemeine Fichte, auch Rot-Fichte oder Rottanne genannt. Mit einem Anteil von 28 % ist sie Deutschlands häufigste Waldbaumart, und genau damit verbinden ihre Kritiker eintönige, artenarme Monokulturen, also gleichaltrige Reinbestände der Fichte. Grund für den massenhaften Anbau sind der schnelle Wuchs und die gute Nutzbarkeit vor allem als Bau- und Brennholz. Dabei sind große waldbauliche Kenntnisse für Fichtenreinbestände nicht erforderlich. Zudem können junge Fichten als Weihnachtsbäume angeboten werden. Die Rot-Fichte war einst der Weihnachtsbaum schlechthin, hat allerdings ihren Platz für Nordmanns-Tanne und Blau-Fichte räumen müssen. Denn: in unseren mollig-warmen Wohnstuben nadelt die Fichte schon nach etwas zwei Wochen.
Unter günstigen Bedingungen kann eine Rot-Fichte 600 Jahre alt und bis zu 60 m hoch werden, im Forst erreicht sie eher Höhen von 20 bis 30 m (und nutzungsbedingt ein viel geringeres Alter). Als Konstruktionsholz wird sie im Hoch- und Tiefbau eingesetzt, aus ihr entstehen Dachstühle und Möbel, Paletten, Faserplatten, Holzwolle und Spielzeug. Sehr geschätzt ist Fichtenholz im Bau von Streichinstrumenten. Hierfür bedarf es besonders gleichmäßig gewachsenen Holzes mit engen Jahresringen, das im Hochgebirge (den montanen und hochmontanen Regionen) zu finden ist. Die berühmten Geigenbauer aus der norditalienischen Stadt Cremona zogen höchstpersönlich in die Berge, um Fichten mit den besten Klang- und Resonanzeigenschaften auszusuchen. Daraus schufen sie Instrumente, die bis heute bei Musikern und Publikum große Begeisterung hervorrufen. Und eine "Stradivari" oder "Amati" sorgt auch dann für Aufmerksamkeit, wenn sie für hohe Beträge den Besitzer wechselt.
Medizinisch hat die Fichte ebenfalls etwas zu bieten. Aus den frischen Nadeln läßt sich ein Öl gewinnen, daß wegen seiner Bakterien abtötenden Wirkung geschätzt wird. Es kann bei Erkältungskrankheiten eingesetzt werden, das Einatmen der Dämpfe hilft bei Entzündungen der oberen Atemwege. Oder als Badezusatz bei Gicht und zur Stärkung der Abwehrkräfte. Gegen Muskelverspannungen und Rheuma lindert das durchblutungsfördernde Öl die Beschwerden. Die jungen Triebspitzen sind außerdem reich an Vitamin C und werden als Tee getrunken oder können Salaten beigefügt werden.
Die Gemeine Fichte ist eine Baumart höherer Lagen und bevorzugt dementsprechend ein kühleres, niederschlagreiches Klima. Länger andauernde Hitze und Trockenperioden werden schlecht vertragen. Aus diesem Grund hat die Lokale Agenda eine Serbische Fichte gepflanzt. Sie ist die zweite der beiden europäischen Fichtenarten und gilt als stadtklimafest.
2018: Eß-Kastanie (Castanea sativa)
Woher dieser prächtige Baum ursprünglich stammt, können die Botaniker bis heute nicht sicher sagen. Seine Heimat sind wohl die wärmeren Gefilde Europas, und auch Kleinasien und der Kaukasus stehen zur Debatte. Daß er in unserer Region quasi als heimisch gilt, ist – wieder mal – den Römern zu verdanken, die ihn wegen seiner schmackhaften Früchte wie auch des Holzes sehr schätzten und auf ihren Eroberungstouren in Europa verbreiteten. Bäume aus dieser Zeit mag es nicht mehr geben, gleichwohl die Kastanie ein hohes Alter von 500 bis 600, ja 1000 Jahren erreichen kann. Auf Sizilien, am Osthang des Ätna, steht ein besonders beeindruckendes Exemplar, das als der dickste und älteste Baum Europas angesehen wird: der Kastanienbaum der hundert Pferde (ital. Castagno dei Cento Cavalli) soll der Legende nach unter seinem Kronendach einer Königin samt hundertköpfigem Gefolge zu Pferde vor einem Gewitter Schutz geboten haben.
Kastanien bilden eine breit ausladende Krone aus, die im Freistand einen Durchmesser bis 20 m erreichen kann und eine Höhe von 20 bis 30 m. Auch der Stamm kann mächtig werden, ein bis zwei Meter im Durchmesser sind keine Seltenheit. Die wohl dickste Eß-Kastanie Deutschlands, die "Schöne von Karlsruhe" im Schloßgarten, erreicht einen Stammumfang von 9,70 m, also etwa drei Meter im Durchmesser. Der Stamm ist drehwüchsig, was sich im Rindenbild zeigt: einer Kastanie zugewandt verlaufen die tiefen Furchen der Borke meist von rechts unten nach links oben.
Das Holz der Eß-Kastanie findet vielfach Verwendung, weniger in Deutschland als bei unseren südlichen Nachbarn: als Bau- und Konstruktionsholz, für Möbel, Musikinstrumente und wegen seiner Härte auch für Parkett. In Fässern lagern Rotwein und Essig, in Bottichen werden Ölfrüchte aufbewahrt. Der hohe Gerbstoffgehalt macht Kastanienholz wie das der Eiche sehr dauerhaft, und so empfiehlt es sich auch für Spielgeräte und Gartenmöbel sowie als Zaunmaterial. Unbehandelte Pfähle stehen bis zu 20 Jahren in der Erde (wogegen solche aus Fichte gerade drei bis fünf Jahre erreichen).
Die Kastanienblüten erscheinen Ende Mai bis in den Juni hinein und bringen die kugelig-stacheligen Fruchtbecher hervor, die wiederum zwei bis drei Nüsse enthalten. Und auch diese haben es in sich: lange galten Kastanien als das "Brot der Armen", denn das aus ihnen gewinnbare Mehl ist nährstoffreich und wurde im Mittelalter, aber auch der Neuzeit zur Nahrungsgrundlage der Bergbauern in Südeuropa. Nach Mißernten sicherten Kastanien mitunter das Überleben. Heute sind Kastanien eine Delikatesse, zur Martins- oder Weihnachtsgans, als kandierte Maronen oder die Crème de Marrons, ein Brotaufstrich. Die warmen Sommer der vergangenen Jahre bescherten auch in unseren Breiten eine reiche Kastanienernte, und vermutlich wird der Klimawandel für eine gewisse Regelmäßigkeit sorgen. Da ist es keine schlechte Idee, eine Kastanie zu pflanzen. Der Neukirchen-Vluyner Jahresbaum steht hier.
2019: Flatter-Ulme (Ulmus laevis)
Natürlicherweise wachsen Flatter-Ulmen entlang der Flußtäler in den Auenwäldern. Deshalb wurde für den Neukirchen-Vluyner Jahresbaum in Kooperation mit der LINEG ein Standort am renaturierten Klein Hugengraben ausgewählt, gleich nördlich der Brücke an der Niederrheinallee.
Schon im zeitigen Frühjahr, weit vor dem Laubaustrieb, erscheinen die wenig auffälligen Blüten, die vom Wind bestäubt werden und rasch Früchte bilden. Diese werden als Nüßchen bezeichnet und sind von einem grünlichen Flügelrand umgeben, so daß der Eindruck entsteht, der Baum stehe schon im Laub. Die Früchte sind gestielt und flattern im Wind, was dieser Ulmenart (es gibt in Mitteleuropa noch die Feld- und die Berg-Ulme) zu ihrem deutschen Namen verhalf.
Wie für Ulmen typisch weisen die Blätter einen stark asymmetrischen Blattgrund auf, d. h. am Blattstiel reicht die eine Seite des Blattes weiter zum Zweig heran als auf der anderen. Die Blattoberseite ist glatt, was bei der Unterscheidung der Ulmenarten hilft. Ein weiteres Merkmal sind die deutlichen Brettwurzeln, wie sie eher von tropischen Baumarten (z. B. beim Kapokbaum) bekannt sind. Feld- und Berg-Ulme bilden keine Brettwurzeln aus.
Das Holz der Flatter-Ulme ist grob, zäh und daher schwer zu bearbeiten, allerdings ist ihr Kernholz unter Wasser dauerhaft. Es wurde daher für Wasserräder, Brunnenrohre und im Schiffsbau verwendet. Auch beim Mühlenbau, für Glockenstühle und Särge wurde häufig Ulmenholz eingesetzt. Aus besonders schön gemaserten Stämmen fertigt man Möbel, Täfelungen, Schreibutensilien und Pfeifenköpfe.
Flatter-Ulmen sind sehr reich an Bast, das feiner und weicher als jenes der Linde ist. Es läßt sich leicht herauslösen und wurde zu Matten, Bienenkörben und auch Seilen verarbeitet.
Die auch Rüster genannten Ulmen zählen zu den raschwüchsigen Bäumen. Sie können auf geeigneten Standorten mitunter bis 35 m hoch werden. Leider gehören Flatter-Ulmen in Nordrhein-Westfalen zu den seltensten und am stärksten gefährdeten heimischen Baumarten des Landes. Das liegt weniger an der Ulmenkrankheit als an ihrem wohl schon immer sehr seltenen Vorkommen, das durch Fluß- und Bachbegradigungen noch weiter zurückgegangen ist.
Dennoch gibt es beeindruckende Flatter-Ulmen, wenn auch in anderen Bundesländern. Im Nordwesten Brandenburgs zum Beispiel steht im kleinen Ort Gülitz nahe der Kirche ein Exemplar, das mit einem Stammumfang von 10 m staunen läßt, ebenso wie das geschätzte Alter von 400 – 500 Jahren. Reste der ehemaligen Friedhofsmauer sind in den mächtigen Stamm eingewachsen.
2020: Gewöhnliche Robinie (Robinia pseudoacacia)
Die ersten Robinien kamen 1630 aus ihrer nordamerikanischen Heimat nach Europa.
Ab diesem Zeitpunkt spielte sie bei der Rückgewinnung von übernutzten und verödeten Landstrichen als Pionierpflanze eine wichtige Rolle. Auf den sandigen Böden im Osten Brandenburgs gibt es noch heute zusammenhängende Robinien-bestände, die im 18. Jahrhundert angelegt wurden.
Häufiger noch findet man die Robinie als Alleebaum oder in Parks als prachtvolle Einzelbäume sowie als Hecken- und Feldgehölz.
Die Robinie ist auf das Landschaftsband Niederberg an eine Böschung gepflanzt worden, weil sie als Pioniergehölz dort einen idealen Standplatz hat. Sie kommt ja gut mit schwierigen Bodenverhältnissen klar und durch ihr weitverzweigtes feines Wurzelsystem kann sie aufgeschüttete Böschungen gut sichern.
Eine weitere Eigenschaft des Baumes verbindet ihn mit der ehemaligen Nutzung des Geländes für den Bergbau. Das Holz der Robinie ist in Sachen Langlebigkeit, Zähigkeit und Elastizität Spitzenreiter, was dazu geführt hat, dass nicht nur die Indianer ihre Bögen daraus herstellten, sondern Robinienstämme auch als Grubenhölzer im Bergbau Verwendung fanden. Ob das auf Niederberg auch so war?
In Zukunft könnte der Baum noch häufiger in den Vordergrund rücken, ist er doch mit einer hohen Hitze- und Trockenheitstoleranz ausgestattet. An Vielseitigkeit ist dieser Baum wirklich nicht zu überbieten. Seine stark duftenden Blüten dienen als ergiebige Bienenweide. Die Imker in Neukirchen-Vluyn wird es freuen.
Allerdings darf die Schattenseite der Pionierfähigkeiten nicht unerwähnt bleiben. Will man Mager- und Trockenrasen oder lichte Kiefernbestände als besonders schützenswerte Standorte mit angepassten Pflanzen- und Tierarten erhalten, dann darf die Robinie sich auf diesen Flächen nicht ausbreiten.
Der Neukirchen-Vluyner Baum des Jahres 2020 steht hier.
2021: Gewöhnliche Stechpalme (Ilex aquifolium)
Der Irrtum soll gleich eingangs aufgeklärt werden: eine Stechpalme kann zwar kräftig stechen, aber zu den Palmen zählt sie nicht. Vielmehr leitet sich dieser Namensteil aus der Bedeutung des Ilex in der christlichen Tradition ab. So wird am Palmsonntag des Einzugs Jesu in Jerusalem gedacht, der seinerzeit mit Palmwedeln begrüßt worden sein soll. Und da in unserem Teil der Erde echte Palmenzweige Mangelware sind, wurden die Zweige von immergrünen oder zu dieser Jahreszeit bereits ergrünten Pflanzen (Weiden, Buchsbaum und eben Stechpalme) als Palm geweiht.
Schon Kelten und Germanen verehrten den Ilex, der zehn, in seltenen Fällen bis 15 Meter hoch werden kann und damit zu den Bäumen zählt. Weil solche mit immergrünem Laub in Mitteleuropa sehr selten sind, gelten sie bis heute als etwas Besonderes. Der Brauch, die Häuser mit beerentragenden Ilex-Zweigen zu schmücken, war im Mittelalter weit verbreitet, standen doch die roten Früchte für ewiges Leben. Die Stechpalme hat der Weihnachtszeit die traditionellen Farben gegeben, Rot und Grün, als vom Weihnachtsbaum noch nicht die Rede war. Im angelsächsischen Raum ist der "holly" nach wie vor sehr beliebt, und so zieren im Dezember die leuchtend roten Beeren manche Haustür und manches Wohnzimmer. In der Kranzbinderei ist die Stechpalme ebenfalls beliebt. Karrenweise wurden die beliebten Schmuckreiser im Laufe des 19. Jahrhunderts aus dem Wald geholt und auch in Regionen exportiert, in denen keine wildwachsenden Stechpalmen vorkommen. Dieser Raubbau führte zu einem dramatischen Schwund, so daß Anfang des letzten Jahrhunderts Schutzverordnungen erlassen wurden. In Deutschland steht der wildwachsende Ilex als eine von wenigen Baumarten heute unter besonderem Schutz, da die Wildvorkommen so selten sind.
Um eine beerentragende Stechpalme bewundern zu können, braucht es zwei Pflanzen, eine männliche und eine weibliche. Sie ist botanisch gesehen zweihäusig, das heißt, die weiblichen und die männlichen Blüten kommen auf verschiedenen Pflanzen vor. Mutter Natur verbessert damit den Fortpflanzungserfolg, denn Zweihäusigkeit führt zu vollständiger Fremdbestäubung, Inzucht wird so vermieden. Die Bestäubung übernehmen Insekten, wobei die Gehölze nicht mehr als 50 Meter voneinander entfernt stehen sollten. Sonst gibt es keine Beeren.
So beachtlich die Beeren, so wenig auffällig die cremeweißen, kleinen Blüten, die allerdings ein näheres Hinsehen lohnen. Dann kann man auch ihren angenehmen Duft wahrnehmen. Die gezähnten Ränder der derben Blätter, die auch für den Namen Stechpalme stehen, bieten einen wirksamen Verbißschutz. Das erklärt auch, warum sich der Ilex zu Zeiten der Waldweide, also im 18. und 19. Jahrhundert, ausbreiten konnte. Die in den Wald getriebenen Tiere verschmähten die Stechpalme. Menschen nutzten die heute als giftig eingestuften Blätter früher als aufmunternden Tee. Eine südamerikanische Ilex-Art liefert den Mate-Tee.
Das helle Ilex-Holz ist relativ schwer und beliebt für feinere Drechsler- und Schnitzarbeiten. Es gilt als wertvollstes "weißes" Holz für Einlegearbeiten (Intarsien), wie in Schachbrettern. Aus Stechpalmenholz ist auch der Zauberstab von Harry Potter gefertigt, denn dem Ilex wird ein wirksamer Schutz gegen das Böse nachgesagt. Deshalb war es im Rheinland Brauch, Kamine mit Besen aus Stechpalmenzweigen zu kehren. Sie wurden durch das Fegen mit einem solch zauberkräftigen Besen vom Ruß befreit, an dem böse Geister hafteten. Damit Neukirchen-Vluyn stets gut behütet und gewappnet ist, steht der Jahresbaum hier.
Die Stechpalme wird auch Hülse genannt (nach althochdeutsch hulis). Bis heute finden sich Ortsnamen – Hülsdonk im benachbarten Moers, Krefelds Stadtteil Hüls und das kalifornische Hollywood – die auf einst reiche Vorkommen dieses interessanten Gehölzes schließen lassen. Auch in Familiennamen – Droste-Hülshoff oder Verhülsdonk – begegnet uns die Hülse wieder.
2022: Rot-Buche (Fagus sylvatica)
Bei Blitz und Donner Buchen zu suchen und vor Eichen zu weichen, wie es der Volksmund empfiehlt, ist wissenschaftlich betrachtet keine gute Idee. Denn der Blitz schlägt in Buchen genauso oft ein wie in andere Bäume, die freistehend sind oder deren Krone hoch über ihre Nachbarn hinausragen. Allerdings sind die Folgen eines Blitzeinschlags bei Eichen häufiger sichtbar. Über die dicht unter der groben Borke verlaufenden Wasserleitungsbahnen gelangt der Blitz auf schnellstem Wege in den Boden. Dabei wird explosionsartig Hitze frei, die eine tiefe Furche reißt. Noch viele Jahre ist diese als Narbe sichtbar. Auf der glatten Rinde der Buche hingegen bildet der Gewitterregen einen Wasserfilm, auf dem der Blitz außen an der Buche abgeleitet wird.
Buchen haben sich nach der letzten Eiszeit (also vor rund 12.000 Jahren) recht spät an der Wiederbewaldung beteiligt und erst etwa 1000 v. Chr. die Eiche als dominierende Art verdrängt. Würde der Mensch seine wirtschaftliche Betätigung einstellen, wäre Deutschland wohl wieder weitgehend von Buchenwäldern bedeckt. Tatsächlich kommen sie auf 15 % der Waldflächen vor, und natürliche Buchenwälder gibt es in Neukirchen-Vluyn überhaupt keine.
Ihre Beliebtheit als Bauholz und zur Energiegewinnung hat die Buchenbestände im Mittelalter stark verringert. In der Neuzeit bedrohte saurer Regen unsere Wälder, und nun setzt der Klimawandel den Buchen zu. Heiße und trockene Sommer werden von alten Bäumen schlecht vertragen, denn sie können sich an die sich schnell verändernden Bedingungen nicht mehr anpassen. Auch Bäume können regelrecht Sonnenbrand bekommen, wenn durch plötzliche Veränderung der Stamm nicht mehr beschattet ist. Buchen sind da besonders empfindlich.
Ungestört kann eine Buche 300 bis 400 Jahre alt werden. Der Stammumfang erreicht dann vier bis sechs Meter (selten auch 7 – 8 m) und die Höhe 30 bis 40 Meter. Buchen bilden breite Kronen aus, die im freien Stand beachtliche Dimensionen erreichen können (rund 450 m²). Oft sind diese Bäume bis zum Boden beastet. Im dichten Wald jedoch entwickelt sich eine hochangesetzte, aufgewölbte Krone. In einem Buchenwald erinnern die geraden, glatten Stämme an die Säulen einer Kathedrale oder hohen Halle. Durch solch einen Buchenhallenwald zu schreiten, ist ein tolles Gefühl. Im Frühjahr, zur Zeit des Austriebs, begeistert dann noch das Maigrün der jungen Blätter. Und bei einem Waldspaziergang im Oktober läßt sich die intensive goldgelbe bis tief orangebraune Herbstfärbung erleben.
Kein Wunder, daß die Buche schon zum zweiten Mal (nach 1992) zum Baum des Jahres gekürt wurde. Da in Neukirchen-Vluyn seit 2009 Jahresbäume gepflanzt werden, stehen zwei Buchen nun hier.
Rot-Buche (Fagus sylvatica)